06 Nov 2014

Tiergerechte Haltung – ja bitte! Tiergerechte Preise – wie bitte?

„Primär sollte die Nachfrage das Angebot bestimmen, nicht umgekehrt. Immer mehr Menschen interessieren sich nicht nur für den Preis und die Qualität der Lebensmittel“, heißt es in der heutigen Pressemeldung des BMEL. Betrachtet man die Ergebnisse der täglichen „Abstimmung an der Supermarktkasse“, kann man jedoch nur dem ersten Satz zustimmen: die Ernährungsbranche liefert exakt was 99% der Verbraucher fordern – billige Schnitzel XXL.

Freiwillige Veränderungen wie sie die BMEL-Initiative für mehr Tierwohl einfordert oder die ebenso freiwillige „Initiative Tierwohl“ (der Start sich ein weiteres Mal verzögert) verspricht – schön und gut. Ob und wie diese Art Initiativen vom Verbraucher honoriert werden bleibt abzuwarten.

Möglichkeiten, Systeme und Ideen für tiergerechte Haltung gibt es zu Hauf, ihre Umsetzung kostet aber richtig Geld. Aus eigenen Mitteln jedoch können Landwirte nicht schnell mal neue Ställe bauen, Der normale Abschreibungsturnus für Nutztierställe beträgt schließlich 20 Jahre. Denn pro neuem Schweinemastplatz sind zwischen 600,- und 800,- Euro fällig. Für den neuen Stallplatz einer einzigen Milchkuh werden mittlerweile Kosten von 6.000,- Euro aufwärts angesetzt. Soll der neue Milchviehstall allerdings nur 60 Kühen Platz bieten, nähert sich die Kalkulation der 10.000er Marke. 6.000,- Euro gelten nur für Großbetriebe.

Was bisher fehlt, ist ein Programm das nennenswert Geld zur Verfügung stellt, um die vielfach eingeforderten Verbesserungen in der Nutztierhaltung überhaupt finanzierbar zu machen. Und hier ist schlicht der Staat gefragt. Alle wollen Tierwohl, der Tierschutz ist sogar im Grundgesetz verankert! Warum also nicht ein Förderprogramm – mit mindestens zehnjähriger garantierter Laufzeit – auflegen, um tiergerechte Haltung in Deutschland auf den Weg zu bringen?

Vielleicht hätte der Finanzminister etwas dagegen? Bestimmt! Er nimmt lieber ein, als dass er etwas ausgibt. Allerdings reden wir – ganz nebenbei – von der drittwichtigsten Branche unserer Volkswirtschaft. Da müssten sich doch Töpfe finden lassen, aus denen man was abzweigen kann.

Als Hesse fallen mir zwei Projekte ein, auf die unser Bundesland gerne hätte verzichten können: der Flughafen „Kassel International“, der zwar keinen Flugverkehr vorweisen kann, dafür aber 271 Mio. Euro Baukosten verschlugen hat und nun Jahr für Jahr Verluste in zweistelliger Millionenhöhe einfährt.

Dagegen nimmt sich die Jahresmiete von 2,9 Mio. Euro für die die neue Vertretung Hessens bei der EU in Brüssel fast bescheiden aus. Bei einer vereinbarten Mietdauer von 30 Jahren (für „repräsentative 6.100 Quadratmeter“), kommt allerdings auch dort ein hübsches Sümmchen zusammen.

Beispiele aus anderen Bundesländern zu benennen dürfte nicht schwer fallen oder?

Original-Pressemitteilung des BMEL
Transparenz schafft Vertrauen
Staatssekretärin Flachsbarth zu Gast beim Verein “Die Lebensmittelwirtschaft“:
„Primär sollte die Nachfrage das Angebot bestimmen.“

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Maria Flachsbarth, hat der Lebensmittelwirtschaft beim Symposium „Vielfalt und Transparenz“ des Vereins “Die Lebensmittelwirtschaft“ ein vielfältiges und qualitativ hochwertiges Lebensmittelangebot attestiert. Zugleich rief sie die Branche dazu auf, sich noch stärker an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten: „Primär sollte die Nachfrage das Angebot bestimmen, nicht umgekehrt. Immer mehr Menschen interessieren sich nicht nur für den Preis und die Qualität der Lebensmittel. Die Art und Weise der Herstellung, die Herkunft und der Produktionsprozess sowie die wahrhaftige und verständliche Vermarktung spielen eine immer stärkere Rolle“, sagte Flachsbarth in Berlin. Die Lebensmittelbranche müsse diesen Fragen und Bedürfnissen mit einem hohen Maß an Transparenz begegnen.

Flachsbarth betonte, dass die Politik nur die Rahmenbedingungen, etwa zu Fragen der Lebensmittelsicherheit oder zu Kennzeichnungspflichten regeln könne. Für Transparenz müssten die verantwortungsbewussten Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette sorgen. Als Beispiel nannte sie die neue europäische Lebensmittel-Informations¬verordnung: „Sie wird für mehr Transparenz und Klarheit bei der Information über Lebensmittel sorgen, ohne Verbraucher und Unternehmen zu bevormunden.“ Um die Entwicklung von verbraucherfreundlichen, transparenten Märkten zu unterstützen, auf denen sichere und qualitativ hochwertige Produkte unter fairen und nachhaltigen Bedingungen hergestellt und angeboten werden, müsse die Politik gemeinsam mit den Unternehmen für Transparenz sorgen. Das Regionalfenster sei ein gutes Beispiel, wie Vielfalt transparent gestaltet werden kann, um das Vertrauen der Verbraucher in Lebensmittel zu steigern und den Wettbewerb zu fördern.

Flachsbarth warb für einen intensiven Dialog zwischen den Erzeugern und den Beteiligten in der Lebensmittelkette und den Bürgerinnen und Bürgern: „Wir benötigen einen offenen Austausch, um gegenseitige Interessen wahrnehmen und berücksichtigen zu können.“ Flachsbarth zeigte sich überzeugt, dass Maßnahmen wie das vom BMEL geförderte Portal Lebensmittelklarheit.de oder die BMEL-Initiative für mehr Tierwohl „Eine Frage der Haltung“ dazu beigetragen haben und weiter dazu beitragen werden, neue Wege in der Dialog-Kultur zu beschreiten. Sowohl die Lebensmittelwirtschaft als auch die Verbraucher müssten ihrer jeweiligen Verantwortung gerecht werden – die Wirtschaft durch ein auf die Nachfrage ausgerichtetes Angebot, die Verbraucher durch ein authentisches Kaufverhalten: „Wer etwa höhere Standards einfordert, darf nicht nur nach den niedrigsten Preisen schielen.“

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